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Service in Heimen: mehr als Pflege

von Dr. Joachim Wilbers

Die meisten älteren Menschen leben zuhause oder bei Familienangehörigen. In der Regel können sie sich selbst versorgen. Falls sie dennoch Hilfe benötigen, werden sie durch ihre Verwandten unterstützt oder ein Pflegedienst kommt ins Haus.

Manchmal ist jedoch der Bedarf an Hilfe und Pflege so groß, dass es zuhause nicht mehr geht. Oft sind dann die Verwandten überfordert, in einigen Fällen gibt es auch gar keine Angehörigen oder sie wohnen weit entfernt. Dann bietet sich das Heim als Möglichkeit des Wohnens an.

Insgesamt leben in Deutschland mehr als 600.000 ältere Menschen in Alten- und Pflegeheimen. Die meisten von ihnen sind in einem hohen oder sehr hohen Alter. Im Durchschnitt ist ein Mann oder eine Frau beim Einzug in ein Heim über 80 Jahre alt.

Wer in ein Heim zieht, benötigt in aller Regel Pflege, das heißt Hilfe bei alltäglichen Verrichtungen, wie zum Beispiel beim Anziehen, Duschen oder Essen. Wichtig ist, dass nur dort unterstützt wird, wo es notwendig ist, und nicht vom Pflegepersonal auch dann geholfen wird, wenn es der ältere Mensch noch selber kann. Eine solche Hilfe mag dann zwar bequemer sowohl für den Heimbewohner als auch für das Pflegepersonal sein, oft geht es auch schneller, doch die alte Weisheit „Wer rastet, der rostet“ gilt auch hier: Wenn ich das nicht mehr selbst mache, was ich noch kann, dann gehen mir meine Fähigkeiten verloren.

Im April fand in Nürnberg die Altenpflege-Messe statt. Mehr als 700 Aussteller zeigten, wie mit technischen und organisatorischen Mitteln das Leben im Alter zuhause und im Heim in vielen Aspekten verbessert werden kann.

Dazu gehören Notruf- und Kommunikationssysteme. Schnell Hilfe herbeirufen zu können, ist manchmal lebenswichtig. Jetzt gibt es zum Beispiel Uhren mit Zusatzfunktionen: Sie erheben am Handgelenk noch einige zusätzliche Daten wie zum Beispiel den Puls. Sollte sich dieser so verändern, dass gesundheitliche Probleme zu erwarten sind, wird automatisch eine Notrufzentrale verständigt. Diese kann dann per Telefon oder zukünftig auch mit Hilfe von Video überprüfen, ob tatsächlich ein Notfall eingetreten ist und die notwendigen Schritte veranlassen.

In einem Heim ist die Möglichkeit eines Notrufs ein selbstverständlicher und auch gesetzlich vorgeschriebener Service. Doch noch viele andere Leistungen werden geboten und sind bereits im Pflegesatz inklusive.

Dazu gehört natürlich das Essen. Ausgewogene und schmackhafte Mahlzeiten, die auch spezielle Kostformen einschließen, wie zum Beispiel für Diabetiker oder Schonkost, gehören zum Standard eines gut geführten Heimes. Normalerweise gibt es neben den drei Hauptmahlzeiten auch noch eine kleinere Zwischenmahlzeit am Vormittag, einen Nachmittagskaffee und auch eine Spätmahlzeit im Laufe des Abends. Bei älteren Menschen muss darauf geachtet werden, dass das Essen genügend Kalorien enthält. Gerade wenn der Appetit nicht so groß ist oder durch Schluckbeschwerden nicht so viel gegessen werden kann, ist es wichtig, dass das, was gegessen wird, reichhaltig genug ist. Gewichtsabnahme bedeutet bei Senioren oft eine Gesundheitsgefährdung. Deshalb muss das Gewicht auch regelmäßig kontrolliert werden, um bei einer unerwünschten Gewichtsreduzierung sofort reagieren zu können.

Zum Service im Heim gehört auch die Reinigung des Zimmers und der Gemeinschaftsräume. In den Heimverträgen ist festgelegt, wie oft die Reinigung mindestens erfolgen muss. Dass dabei die Hygiene-Standards erfüllt werden, sollte selbstverständlich sein.

Früher hatten die meisten Heime eine Wäscherei, bei der nicht nur die Flachwäsche, also die Bettwäsche, die Handtücher oder die Tischdecken gereinigt wurden, sondern auch die persönliche Bekleidung der Heimbewohner. In den meisten Heimen wird diese Aufgabe jetzt von Firmen übernommen, die die Wäsche abholen und wieder bringen. Auch das gehört zu den normalen Leistungen eines Heimes und ist im Pflegesatz enthalten. Nur wenn eine besondere Kleiderpflege erforderlich ist, zum Beispiel eine chemische Reinigung, muss dafür extra bezahlt werden.

Oft benötigen Heimbewohner auch technische Hilfen, zum Beispiel beim Einzug. So müssen Bilder aufgehängt oder der Fernseher angeschlossen werden. Hier hilft der Hausmeister. In den meisten Fällen ist dieser Service inklusive, manchmal wird ein kleines Entgelt berechnet.

Wir sehen, der Service in einem Heim ist ziemlich komplett und umfasst die meisten Dienstleistungen, die im täglichen Leben benötigt werden. Aber in diesem Komplettangebot steckt auch die Gefahr, dass zuviel geboten wird, der Heimbewohner zu Passivität verurteilt wird und damit noch vorhandene Fähigkeiten verkümmern. Es gibt auch Heimkonzepte, die dem entgegenwirken wollen und die Bewohner aktiv in die Erbringung der Serviceleistungen einbeziehen.

Wichtig, vielleicht wichtiger als aller Service ist jedoch die menschliche Zuwendung, das Gefühl des Eingebundenseins in Familie, Nachbarschaft und Gesellschaft. Dazu können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Heime viel beitragen, aber es bleibt entscheidend, dass Angehörige, Freunde, Nachbarn und Bekannte den Kontakt zu den älteren Menschen im Heim aufrechterhalten. Dann kann das Leben in einem Heim eine gelingende Lebensform sein.

Dr. Joachim Wilbers ist Geschäftsführer der ProjectCare GmbH, Frankfurt

Dieser Artikel ist erschienen im Paulinus, Ausgabe X/2005.


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